13.12.11

Warum Studiengebühren?

Die Frage nach Sinn oder Unsinn von Studiengebühren lässt sich rein ökonomisch schnell beantworten. Wir wissen, dass sie nur einen Bruchteil des Universitätsbudgets ausmachen (rund 5% im Jahr 2007), wobei der bürokratische Aufwand einen großen Teil der Einnahmen verschlingt. Bekannt ist auch, dass der Lenkungseffekt von Studiengebühren im homöopathischen Bereich liegt: Auch zwischen 2001 und 2008 haben sich weitaus mehr Erstsemestrige für Geistes- und Sozialwissenschaften und gegen Technik und Naturwissenschaften entschieden (2007 im Verhältnis 2:1). Selbst diejenigen, die noch an den homo oeconomicus glauben, wissen, dass es aufgrund der arbeitsmarktnahen Berufsbildung in Österreich kaum ökonomische Anreize gibt, viel Geld und Opportunitätskosten in ein Hochschulstudium zu investieren, wenn man mit einem BHS- Abschluss bereits mit relativ gutem Gehalt in den Arbeitsmarkt einsteigen kann.

Was sind also die Gründe für Studiengebühren? Diese können wohl nur im Symbolischen gesehen werden. Sie sagen den Kindern aus NichtakademikerInnen-Familien: An der Universität habt ihr nichts verloren! Weil gegenwärtig immer mehr junge (und auch ältere) Menschen ein Studium an einer Universität oder Fachhochschule beginnen, kommt den TitelinhaberInnen das Grausen. Sie sehen ihre elitäre Position gefährdet, wenn die Exklusivität ihres akademischen Abschlusses durch „Titelinflation“ ins Wanken gerät.

Das ist ein bekanntes Spiel im Feld der Bildung und scheint immer mehr in Mode zu kommen: Bildungseinrichtungen nehmen wahr, dass sie ihr Prestige und damit ihren Wert im Markt der symbolischen Güter, dadurch steigern können, indem sie möglichst viele Menschen über strenge Auslese- oder Ausschluss-Verfahren fernhalten. Seit Pierre Bourdieu und Jerome Karabel ist bekannt, dass diese Verfahren sehr wenig über „Begabungen“, aber sehr viel über soziale Herkunft aussagen. Dennoch glauben diejenigen, die diese Barrieren überwinden konnten, sie seien ganz besonders begabt gewesen, während die Quantität der Gescheiterten den Mythos des besonders hohen Niveaus dieser Einrichtungen mitschreibt.

Und so wird seit Jahren nicht die katastrophal schlechte finanzielle Ausstattung von Lehre und Forschung kritisiert, sondern die Massen, die den elitären Ort der Universität „überschwemmen“. Im Zentrum steht nicht Wissenschaft als Zukunftsinvestition, sondern der akademische Titel als Aufrechterhalten des Status. Das wird augenfällig, wenn statt Begeisterung für das Lernen Verunsicherung mittels Eingangsphasen, Knock-Out-Prüfungen und verschulten Lehrplänen erzeugt wird. Aber auch dann, wenn nicht bestehende Einrichtungen ausgebaut, sondern Exzellenzeinrichtungen für einige wenige Auserwählte erfunden werden.

Hier liegt der tatsächliche Grund für die Debatte rund um Studiengebühren und für die Klage in einer „Theorie der Unbildung“.