14.12.10

Zur Studiengebührendebatte

Gut ausgebildete Menschen stärken die Wirtschaft, schonen Sozial- und Gesundheitskosten, erhöhen das Gemeinschaftsgefühl, sind Motoren der Innovation. Aus diesen vor allem volkswirtschaftlichen Überlegungen heraus rufen die beiden Organisationen Europäische Union und OECD seit rund 30 Jahren zum Lebenslangen Lernen auf. Um das Ganze noch auf die Spitze zu treiben, argumentierte die EU, die herausragende Bedeutung von Bildung, um innerhalb weniger Jahre „zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt zu“ werden.

Doch wenn Bildung so viele positive Eigenschaften hat, die überwiegend zutreffen, warum werden eigentlich immer diejenigen dafür gestraft, die sich weiterbilden wollen? Warum werden Menschen durch Zugangsbeschränkungen, Studiengebühren, ausgehungerte Strukturen, verschulte Lehrpläne oder hohe Opportunitätskosten davon abgehalten, in Kindergärten, an höheren Schulen, Universitäten und in der Erwachsenenbildung zu lernen?

Warum zahlen nicht diejenigen, die von einer gebildeteren Gesellschaft am meisten profitieren?

Es ist die Wirtschaft, die am meisten davon profitiert, dass ihre MitarbeiterInnen gut qualifiziert, kompetent und innovativ sind. Nicht ohne Grund sind Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer lautstarke Befürworter einer gemeinsamen Schule der 10- bis 14-jährigen.

Es sind die Reichen und Superreichen, die davon profitieren, dass Bildung die Menschen tendenziell zufriedener macht und sie daher weniger darum fürchten müssen, dass ihre herausragende Position durch soziale Konflikte ins Wanken gerät.

Es ist das Gesundheitssystem, das davon profitiert, wenn gut ausgebildete Personen sich gesundheitsbewusster verhalten und seltener krank werden. Trotz höherer Lebenserwartung profitiert selbst das Pensionssystem, wenn ihre ZahlerInnen besser verdienen. Letztlich würden beide Strukturen davon profitieren, wenn besser gebildete EntscheidungsträgerInnen das Umlageverfahren durch ein den heutigen Gegebenheiten tatsächlich entsprechendes System ersetzen würden.

Es sind unter anderem die biologische Landwirtschaft, die öffentlichen Verkehrsanbieter und andere ökologische Unternehmen, die von kritischen, gutverdienenden KonsumentInnen profitiert, da erst eine bestimmte kritische Masse an potentiellen AbnehmerInnen ihre Geschäftsgrundlage rentabel machen.

Und schließlich sind es auch die gut Ausgebildeten, die ein überdurchschnittliches Einkommen haben, das sich auf die erreichten Bildungstitel zurückführen lässt.

Insofern ist es absurd, wenn ausschließlich Lernende immer mehr für ihre Ausbildung zahlen sollen. Es ist kurzsichtig, wenn Familien dafür zahlen, die über ihre Kinder die Gesellschaft überhaupt erst nachhaltig absichern. Es ist zynisch, wenn Pflegebedürftige auch noch für ihr Schicksal draufzahlen müssen.

Die Menschheit hat sich einen Mechanismus einfallen lassen, der gegen Ungerechtigkeiten im Staat steuernd eingreift. Dementsprechend müsste das Bildungs- und Universitätssystem über solche Steuern finanziert werden. Über Steuern, die einen Bildungsbeitrag von profitablen Wirtschaftsbetrieben und Gut- bis SpitzenverdienerInnen einbringen sollen. Dadurch könnte tatsächlich etwas mehr Gerechtigkeit geschaffen werden.

Hier sollten die MinisterInnen und Landeshauptleute einmal mit ihren Ideen Aufmerksamkeit erzeugen, mit gutem Beispiel voran gehen, und von sich aus eine Spende an eine Bildungseinrichtung abliefern.