7.3.06

Speed kills

Wenn sich in zwanzig Jahren noch jemand an den ÖVP-Nationalratspräsidenten Andreas Khol erinnern sollte, wird es wohl an seinem „Speed Kills“-Sager gelegen haben

Der Geschwindigkeitsrausch greift immer mehr um sich. Da wäre diese neunzehnjährige Wienerin, die ein Jahr nach ihrer Matura ein Jus-Studium absolviert hat. Wie solche Dinge an einer Universität mit teilweisem Diplomarbeits-Annahme-Stopp funktionieren, verstehe ich nicht. Ein nützliches Mittel, jede Minute des Tages zu nützen, führte kürzlich im Land der unbeschränkten Zählverfahren der „Miami Herald“ ein. Einer Studie zufolge lesen 40 Prozent der 18- bis 34-jährigen AmerikanerInnen keine Tageszeitung mehr. Um dem entgegen zu wirken, erscheint nun eine Fast-read-Ausgabe der
renommierten Zeitung. Der „5 Minute Herald“ soll auf einer Doppelseite dem/der LeserIn nur noch mit den „wichtigsten“ Nachrichten wertvolle Zeit nehmen.
Ganz dem Trend verschrieben hat sich auch der New Yorker Maler Steve Keene. Der 47-jährige hat bis zum heutigen Tag rund 250.000 Bilder gemalt. Vor 15 Jahren hat er damit begonnen und malt seitdem durchschnittlich 50 Bilder am Tag. Wie das geht? „Ich denke nur noch in Begriffen wie Effizienz und Optimierung. Mir geht es nicht mehr darum, wie gut ich ein Bild mache, sondern wie schnell. Inzwischen dauert das im Schnitt nur noch fünf Minuten. Ich verwende Acryl, das trocknet schneller als Öl. (…) In meinem Atelier hänge ich die Holzplatten neben- und untereinander, ein bisschen wie eine Straße, durch die ich dann mit dem Pinsel laufe. In jeder Runde bekommt jedes Bild ein neues Detail: fünfzig Mal einen rosa Strich für die Nase, einen blauen für die Pupille und so weiter.“ Die Kostenersparnis spiegelt sich in den Preisen wider, die Bilder kosten zwischen 50 Cent und 10 Dollar. In einer Schau in Köln verkaufte er mit diesen Preisen 800 Bilder in drei Tagen: „Die Leute haben zum Teil 20 Stück auf einmal mitgenommen“. Wer Keenes Bilder kaufen möchte, kann sich diese übrigens auch auf seiner Homepage bestellen www.stevekeene.com. Vorausgesetzt, er/sie hat genug Geduld, den transkontinentalen Transport abzuwarten. Andere studieren Jus in derselben Zeit.

abgedruckt in: Unique 8/2004.